Arzneimittelprüfung Libelle – Los geht's

11. Juni 2009

Ich spüre eine starke Hemmung, diese so tierähnlich aussehenden Hüllen mit dem Stößel zu zerstören und wundere mich, als ich es dann doch tue, über den papierenen Charakter und dass sie so fest sind. Ich hatte erwartet, dass das Material sofort zerfällt, aber es ist sogar schwer, richtiges Pulver daraus zu mörsern.


Die Menge an zerriebener Libellenlarvenhülle ist äußerst gering. Gerade mal eine kleine Messerspitze voll und fast genau einem Gran entsprechend, so wie Hahnemann es vorschreibt. So wenig Substanz kann ich kaum in zehn oder zwanzig Portionen für meine hoffentlich zahlreichen Verreibegruppen aufteilen. Aber ich bediene mich eines Vorgehens, das ich von Kollegen abgeschaut habe:

Ich verreibe meine Ursubstanz mit einem Drittel der hundertfachen Menge jeweils 2 x 6 Minuten mit je vier Minuten Zeit, um das festgeriebene Pulver von der Schalenwand abzuschaben. Jetzt habe ich 2g Milchzucker mit verriebener Ursubstanz. Ich habe quasi ein Drittel des Verreibeprozesses zur C1 vorweg genommen. Jetzt habe ich genug Pulver, um jeder Gruppe von Prüfern die Ursubstanz zukommen lassen zu können. Und außerdem hat dieses Verfahren den Nebeneffekt, dass die Prüferinnen nun anhand des Pulvers gar nichts mehr von der Ursubstanz erkennen können.


Zwei Dinge fallen mir schon bei diesen allerersten Verreibeschritten auf:


Ich merke plötzlich, dass ich kaum noch genug Zeit habe, denn ich bin gleich verabredet. Ich habe mich völlig verschätzt, wie viel, bzw. wenig Zeit mir noch bleibt. Ich muss alles zügig

machen.

Ich habe auf einmal ganz große Sorge, dass mir irgendein Missgeschick passiert. z.B. dass mir die ganze Schale mit den 2g verriebener Substanz herunter fallen würde. Dann wäre alles verloren, die ganze Prüfung unmöglich und erst im nächsten Jahr hätte ich wieder die Chance, an Libellenlarven-Hüllen zu kommen. Mir wird klar, wie wertvoll meine Prüfsubstanz ist und dass ich diese eine Chance jetzt nicht verdaddeln darf.


Die Kombination aus diesen beiden Bedingungen lässt mich sehr zügig, aber gleichzeitig äußerst gewissenhaft arbeiten. In einem beachtlichen Tempo, aber ohne eine Ferkelei zu veranstalten, fülle ich nach den 20 Minuten Verreibung die gesamten 2g in diverse Glasröhrchen und Arzneimitteltütchen. Ich habe reichlich Portionen für viele Prüflinge und freue mich sehr, dass jetzt der erste, wirkliche Schritt gemacht ist. Meine vielen Portiönchen angefangener C1 verstaue ich sicher in einer Blechdose.


Nach dem Tag der Vorverreibung habe ich vier Nächte nicht geschlafen. Ich habe mich lange gescheut, das mit der Libelle in Zusammenhang zu bringen und bin mir natürlich auch jetzt noch nicht sicher. Die Schlaflosigkeit war ganz klar durch eine große Ruhelosigkeit und Getriebenheit verursacht. Heute habe ich das erste telefonische Vorgespräch mit einer Prüferin geführt und anschließend an dem Informationstext für die Prüfer gearbeitet. Dabei merkte ich, dass mich wieder eine starke innere Aufregung und Getriebenheit einsetzte. Vielleicht finde ich es einfach nur rasend spannend, dieses Projekt durchzuführen. Aber vielleicht ist es auch die Libelle, die nach dem Schlüpfen aus der Larve nur wenige Wochen Zeit hat, ihr „Projekt“, nämlich Ernährung und Fortpflanzung zu erledigen.

17. Juni 2009

Mir fällt noch etwas Merkwürdiges an mir auf, seit ich die Libellen-Exuvie angerieben habe: Ich bin total sensibel auf Vibrationen geworden. Wenn auf der Straße ein LKW vorbei fährt, dann fühle ich das viel mehr, als ich es höre. Einmal habe ich meinen Mann ganz kirre gemacht, als wir auf einer Bank saßen und ich ihn immer wieder gefragt habe, ob er das denn nicht auch spürt, dass der Boden so leicht vibriert. Auch im Haus habe ich eine auffällige Sensibilität dafür entwickelt, die Bewegungen der Bewohner (darunter fünf Tiere) über die Vibration der Holzböden zu spüren. Ich bin rasend gespannt, ob die anderen Prüfer auch solche Empfindungen haben.


Der Sommer schreitet voran. Wo wir bisher an den passenden Gewässern und Ufern ganz viele Larvenhüllen fanden, sehen wir jetzt immer mehr Libellen im Paarungsflug.

13. Juli 2009

Zwei Dinge fallen mir extrem auf: Bei der Korrespondenz und den Gesprächen wird es bei jeder ein Thema, dass die Teilnehmerinnen sich in extremem Stress befinden. Also wirklich außergewöhnlich: Kranke Verwandte, Hausbau, Umzug, aufwändiger Gehegebau für Tiere etc..


Die Themen Überarbeitung und Druck zur Aktivität tauchen bei fast allen auf. Das andere ist, das solche Kleinigkeiten wie „was verwende ich als Spatel zum Schaben?“ und „wie viele Teelöffel Milchzucker sind 6 Gramm?“ so intensiv im Forum diskutiert werden, dass die ganze Sache extrem kompliziert anmutet. Einige Prüferinnen, die es diesen Sommer nicht mehr schaffen, die Prüfung zu machen, sind irgendwie aus unerfindlichen Gründen der Meinung, dass der Zug dann abgefahren ist, obwohl der Prüfungszeitraum bis April 2010 reicht.


Ich bin erstaunt, wie viel Arbeit so eine Arzneimittelprüfung macht. Mir ist es wichtig, mit jeder Prüferin, die die Unterlagen bereits erhalten hat, noch ein Vorgespräch zu führen. Ich will genau abklopfen, dass die Personen sich darüber bewusst sind, dass eine AMP Symptome hervor bringen soll. Außerdem will ich möglichst sicher gehen, dass keine Prüferin schwer krank oder schwanger ist.


Das Versenden der Ursubstanz gestaltet sich auch als logistischer Akt. Aber es läuft. Die Gruppen finden sich und verreiben zusammen und auch bei mir trifft sich eine kleine Verreibegruppe.


Dann passiert mir etwas sehr Unangenehmes. Im Laufe des Spätsommers 2009 geht es mir nicht gut. Ich habe heftige Schlafprobleme, komme nicht zur Ruhe und habe sogar beängstigende Herzempfindungen. Manchmal scheint mein Herz zu Blubbern, als würden Luftblasen hinter dem Brustbein aufsteigen. Ich mache mir Sorgen um meine Gesundheit.


Irgendwann finde ich unter meinem Schreibtischstuhl in einer Ritze der Holzbohlen auf dem Boden zwei Globuli. Ich denke genau nach: Wann habe ich hier mit Arzneimitteln hantiert?


Es gab nur eine Möglichkeit: Mir müssen beim Abfüllen der C30 von Exuvia Libellula einige Kügelchen herunter gefallen sein. Ich habe quasi drei Wochen auf einer C30 gesessen! Oh Gott!

Ob daher meine seltsamen Zustände kommen? Ich kann es nicht beantworten. Vielleicht liefern mir die Ergebnisse meiner Prüferinnen da Aufklärung.

Diese Aufklärung muss lange auf sich warten lassen. Aber sie kommt dann im August 2010, als ich an einem wunderschönen Spätsommertag mit einem Stapel eingesandter Prüfungsergebnisse draußen im Schaukelstuhl sitze. Ich finde nicht nur die extreme Unruhe und die Schlafprobleme in den Aufzeichnungen der 18 Prüferinnen, sondern tatsächlich auch das „Herzblubbern“, das ich seit dem letzten Herbst nicht mehr empfunden habe. Und ich finde noch andere super interessante Symptome, die von signifikant vielen Prüferinnen angegeben wurden.

Hier die Schwerpunkte zusammengefasst:

Geprüft wurde die Exuvie einer Vierflecklibelle (Libellula quadrimaculata).


Von Sommer 2009 bis Sommer 2010 meldeten sich 40 Prüferinnen, von denen 18 Ihre Ergebnisse einreichten. Geprüft wurde per C3-Verreibung und C30-Einnahme. Anhand der Ergebnisse sind als signifikant häufig aufgetretene Symptome (5 und mehr Nennungen) zu verzeichnen:


Gemüt:

  • Verlangen Gesellschaft aber Reizbarkeit in Gesellschaft
  • Zeit vergeht schnell
  • Aufgeregtheit, Tatendrang („wie unter Strom“, „Hummeln im Hintern“, „überwältigende Unruhe“)
  • Ungeduld
  • Verlangen draußen in der Natur zu sein, was amel.
  • Unternehmungslust trotz Müdigkeit

Schwindel:

  • Schwindel („wie Achterbahnfahren“)
  • Sinne empfindlich auf Vibrationen

Nase:

  • Taubheit Nase

Mund:

  • Trockenheit Mund
  • Trockenheit Zunge/Gaumen
  • Taubheit Zunge/Gaumen
  • Zittern, Kribbeln, Prickeln, Brennen Oberlippe, besonders in der Mitte
  • Herpes Mitte Oberlippe
  • Brennen, Taubheit Zungenspitze
  • Taubheit Lippen, Zähne („wie örtliche Betäubung“)
  • Taubheit Oberlippe

Innerer Hals:

  • Trockenheit
  • Empfindung, als würde Halsentzündung entstehen
  • Viel zäher Schleim im Hals der fest sitzt
  • Kloßgefühl im Hals

Herz/Brust:

  • Herzbeklemmung („wie Steinplatte“)
  • Engegefühl in der Brust
  • Puls in der Brust spürbar
  • Blubbern hinter dem Brustbein
  • Herz, Schmerz, dumpf drückend
  • Prüferin mit Herzrhythmusstörungen hatte während der Prüfung 10 Tage keine Rhythmusstörungen
  • Beengte Atmung

Extremitäten:

  • Taubheit Fingerspitzen
  • Taubheit Extremitäten, besonders Beine
  • Taubheit wandernd

Schlaf:

  • Schlaf unerquicklich
  • frühes Erwachen
  • Ruhelosigkeit nachts

Haut:

  • Haut trocken, schnell gereizt
  • Kribbeln und Jucken besonders Gesicht/Kopf und Beine
  • Taubheit, Empfindungslosigkeit an einzelnen Stellen, besonders Zehen, Finger
  • Bewegung amel (Taubheit, Schmerz, Kribbeln)

Allgemein:

  • Genau örtlich begrenzte Empfindungen

Wenn wir bedenken, dass sich das Insekt in der Exuvie als erstes am Kopf (Libellen haben einen riesigen Mund und eine große Oberlippe) und an den Beinen löst, sind die auftretenden Taubheiten in der Prüfung sehr beeindruckend.

Die fast schon extreme Aktivität und Ungeduld zeigte sich schon in den Vorbereitungen auf die Prüfung, wo Prüferinnen es kaum abwarten konnten, sich zu melden und anzufangen. Auffällig vielleicht auch, dass sich fast alle Prüferinnen die warmen Jahreszeiten in 2009 und 2010 für ihre AMP aussuchten. Im Winter lag das ganze Projekt völlig brach.

Als ich zum Herbst 2010 die Ergebnisse der Prüfung an die Teilnehmerinnen weiter gab, kam noch ein ganzer Schwung an Prüfsymptomen nach. Eine Prüferin hatte so deutliche Herzsymptome (das Blubbern hinter dem Brustbein und das Gefühl von Druck auf dem Brustkorb) gehabt, dass sie äußerst besorgt einen kompletten Herzcheck beim Arzt hatte machen lassen. Die Ergebnisse bescheinigten ihr vollkommene Gesundheit. Die Teilnehmerin war gar nicht auf die Idee gekommen, diese Symptome mit der Arzneimittelprüfung in Zusammenhang zu bringen und fiel aus allen Wolken, als sie die Prüfungsergebnisse las.


Eindeutig im Vordergrund standen bei der Prüfung aber die vielen Taubheitsempfindungen an einzelnen kleinen Stellen der Extremitäten, aber ganz besonders der Oberlippe.

Zwei Prüferinnen hatten unter der Prüfung tastbare Tumoren entwickelt (Mamma und Schilddrüse) und große Sorge gehabt, an Krebs erkrankt zu sein. Bei beiden haben sie die Zubildungen aber über einen längeren Zeitraum wieder zurück gebildet. Unklar ist, ob das tatsächlich der Prüfung zuzuordnen war.


Ganz herzlichen Dank an dieser Stelle den tapferen Prüfungsteilnehmerinnen! Und danke an Stefan Grothus für sein Libellenwissen und die tollen Fotos.

Wir würden uns über Ergebnisse weiterer Libellen- oder gar Exuvienprüfungen freuen.


Claudia Grothus und das holon-Team

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